Geschmacksverarmung durch F1-Hybridisierung

Seit 50 Jahren wird konsequent mit der jahrtausendealten landwirtschaftlichen Tradition gebrochen, einen Teil der Ernte zur Gewinnung neuen Saatguts zu verwenden. Inzwischen wäre das auch gar nicht mehr möglich, denn ein Großteil der heute in Deutschland gewerblich genutzten Pflanzensorten sind sogenannte F1-Hybridzüchtungen, aus denen mit Hilfe von synthetischen Düngern und Pestiziden Hochleistungspflanzen mit einheitlichem Aussehen und immer gleichen Eigenschaften hervorgehen. Während diese bio- und gentechnisch produzierten Ertragswunder bis zu sechsfache Erntemengen versprechen, bleiben die Folgen für Umwelt und Verbraucher vollkommen unberücksichtigt, denn tatsächlich weiß bis heute niemand, welche Konsequenzen dieser profitgesteuerte Eingriff in die Natur mit sich bringt. Offenkundig ist jedoch ein wahres „Geschmacksdesaster“, von dessen Realität jede Zunge zeugen kann, bei der noch keine Gewöhnung an das zur Normalität gewordene Einerlei eingetreten ist.
Die Sorten sind von den wenigen globalen Saatgutkonzernen in die Hand genommen und zu logistisch optimierten Hochleistungs-F1-Hybriden umgebaut worden. Ernte- und Verpackungsmaschinengerechtigkeit? Zentral! Geschmack? Nebensache. F1-Hybridsorten sind im Jahr 2025 nicht mehr die Ausnahme, sondern bis auf Erbsen und Bohnen die Regel geworden – auch übrigens im Bio-Landbau. Und im Anbau dieser »ortlosen« Globalgemüse hat sich eine im Wortsinne »bodenlose« Substratkultur durchgesetzt, in der die Pflanzen in nährstoffbetropften Steinwollmatten nicht wachsen, sondern hochgezogen werden.
Das Bedürfnis nach »Regionalisierung« – mittlerweile selbst von den großen Handelsketten aufgenommen – ist sicherlich eine Reaktion des gesunden Menschenverstandes auf ein globales Lebensmittelkarussell, das sich zum Irrsinn ausgewachsen hat, und in dem selbst die Bio-Szene große Teile ihres Angebots aus weitentfernten Ländern importiert. Aber was nützt eine »Regionalisierung«, bei der Ihnen vom Bauern und Gärtner um die Ecke eine absolut gleichförmig gewordene Globalgurke entgegenkommt oder die neueste Zuchtlinie eines der globalen Frankenstein-Geflügel? Die landwirtschaftlichen Betriebe werden immer mehr zu einem reinen Kreuzungspunkt globaler Lieferwege, auf denen Hybridsaatgut, Hybridtiere, Dünger, Agrarchemie und Futtermittel heranrauschen.

Insofern soll unsere Initiative, »Landschaft wieder essbar« zu machen, auch Mut stiften für Erzeuger, die von dem durchdrehenden Hamsterrad ständiger Mengenexpansion abspringen und wieder mit lokalen Ressourcen arbeiten wollen. Wir freuen uns über jeden Kontakt.
Unser erstes Motiv bleibt aber: den Geschmack wieder zur Geltung zu bringen durch den Rückgriff auf alte, samenfeste Landsorten, auf seltene Gemüse (an denen sich die Hybridzüchter noch gar nicht versucht haben), auf Wildgemüse und auf eine Tierhaltung mit alten Mehrnutzenrassen.